“Europa steht uns jungen Menschen offen – dank den Bilateralen”

Claudia - Team s+v
Claudia - Team s+v
15 August 2025 Lesezeit: 4 Minuten
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Maya Tharia-Frauen für die Bilateralen

Unkompliziertes Reisen, Austauschprogramme und gemeinsame Forschungsprojekte: Für viele junge Menschen sind die bilateralen Beziehungen mit der EU ein zentrales Fundament für ihre Zukunft. Im Interview spricht Maya Tharian, Co-Präsidentin der Jungen Grünliberalen Schweiz, über ihre persönliche Verbindung zur Personenfreizügigkeit, die Bedeutung der Bilateralen für junge Menschen in unsicheren Zeiten – und darüber, wie man sie an die Urne bringt. 

Maya, was bedeutet dir der bilaterale Weg persönlich? 

Ich glaube fest daran, dass Handel und Austausch die Menschheit besser machen und vorwärts bringen. Der bilaterale Weg hat uns wirtschaftlich viel Aufschwung gebracht. Aber auch unser Forschungs- und Innovationsstandort sowie unsere kulturelle Vielfalt profitieren von den Bilateralen. Er steht für eine Win-Win-Situation und zeigt, dass wirtschaftliche Zusammenarbeit so viel mehr ist, also nur ein höheres BIP. 

Ganz persönlich bedeutet für mich die Personenfreizügigkeit Freiheit. Die Freiheit mich in Europa zu bewegen, Freundschaften zu knüpfen, andere Kulturen zu erleben und neue Perspektiven einzunehmen. Gleichzeitig spüre ich bereits die negativen Konsequenzen, die folgen, wenn sich die Schweiz vom bilateralen Weg entfernt: etwa die Einschränkung des Erasmus-Programms. Der bilaterale Weg ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Errungenschaft. Er ist essenziell für eine offene, zukunftsorientierte Schweiz. 

Was ermöglichen die Bilateralen konkret für deine Generation? 

Für mich als junge Schweizerin stehen dank den Bilateralen wichtige Türen offen. Ich kann im Ausland arbeiten, Erfahrungen sammeln und dieses Knowhow zurückbringen. Ich kann aber auch meine Verwandten einfacher besuchen und unkompliziert innerhalb der EU reisen. Für junge Forschende bedeuten die Bilateralen Zugang zu Programmen wie «Horizon Europe» – zu internationalen Projekten, die echte Innovation ermöglichen. Es ist ein laufender Wissens-, Erfahrungs- und Kulturaustausch, der alle weiterbringt. Eine Schweiz, die sich abschottet, nimmt jungen Menschen diese Chancen. 

Welche Rolle spielen die Bilateralen in geopolitisch unsicheren Zeiten aus deiner Sicht? 

Die geopolitischen Unsicherheiten zeigen auf, wie wichtig eine verlässliche Partnerschaft mit der EU ist, denn die EU respektiert unsere Souveränität und teilt unsere grundlegende Wertebasis. Das ist nicht selbstverständlich, in einer Welt, in der Demokratien und der Rechtsstaat – die Basis für erfolgreichen internationalen Handel – zunehmend unter Druck stehen. Mir ist es wichtig, dass die Schweiz trotz, aber genau auch wegen, den vorherrschenden Unsicherheiten sowohl gute Handelsbeziehungen mit weiteren Staaten sucht, als auch ihre langfristige Partnerschaft mit der EU pflegt. 

Wie wichtig sind die Bilateralen, um jungen Menschen in unserem Land eine positive Zukunft in Europa zu ermöglichen? 

Die geopolitische Unsicherheit zeigt deutlich: Eine stabile, verlässliche Zusammenarbeit mit unseren europäischen Nachbarn ist heute entscheidender denn je. Gerade für uns Junge sind Austauschprogramme oder Jobs in internationalen Unternehmen nicht nur Chancen – sie sind ein zentraler Teil unserer Realität. Sie geben uns auch Stabilität und Perspektiven für die Zukunft. Die Bilateralen schaffen die rechtliche Grundlage dafür. Ohne sie verlieren wir den Zugang zu wichtigen Programmen wie «Horizon Europe» oder «Erasmus+» – und die Möglichkeit, unsere Zukunft aktiv mitzugestalten und zu sichern. 

Was denkst du: Unterstützen junge Menschen den bilateralen Weg? 

Ich glaube, ja. Viele junge Menschen profitieren direkt von der Personenfreizügigkeit. Es wäre eine Illusion zu denken, dass wir ohne die Bilateralen denselben Komfort hätten. Aber: Leider sind junge Menschen an der Urne deutlich in der Unterzahl und gehen im Vergleich zu älteren Generationen weniger abstimmen. Dabei zeigen Analysen der letzten Abstimmungsresultaten, dass unter jungen Menschen die Befürwortung für die Bilateralen im Vergleich zu den anderen Altersgruppen am stärksten ist. Selbst die Masseneinwanderungsinitiative wäre laut einer Vox-Analyse abgelehnt worden, hätten nur 18–29-Jährige abgestimmt. Man muss es aber schaffen, mehr junge Menschen an die Urne zu bringen – keine Frage. 

Reicht wirtschaftlicher Nutzen als Argument denn überhaupt noch aus? 

Häufig denke ich, dass zu wenig über die Werte hinter dem Freihandel und der Kooperation gesprochen wird. Ja, der wirtschaftliche Nutzen ist real und ist gut für den Wohlstand, so viel ist klar, aber das lässt das ganze Unterhaben als “nur” profitgetrieben aussehen. Die bilateralen Beziehungen stehen aber für mehr als ein steigendes BIP, sie zeigen exemplarisch auf, wie ein gemeinsamer Rechtsraum für wirtschaftliche, wie auch kulturelle und gesellschaftliche Zusammenarbeit sowie gegenseitiges Vertrauen über Landesgrenzen möglich werden. 

Der globale Freihandel steht heute unter Druck: von rechts, durch das Schüren von Ängsten vor Migration, von links, weil man die Globalisierung als Sündenbock für sämtliche Umweltprobleme heranzieht. Diese Narrative können junge Menschen vom Gang zur Urne abschrecken.

Was braucht es aus deiner Sicht, damit sich junge Menschen politisch engagieren? 

Schlussendlich sind auch junge Menschen kein Monolith. Wie bei jeder Altersgruppe lassen sich alle politischen Strömungen und Ideologien wiederfinden. Ich bin aber überzeugt, dass sich ein Teil dieser jungen Wählerschaft von Werten und Visionen motivieren lässt. Gleichzeitig müssen die Vorteile klar benennt werden: “Erasmus+”, die Möglichkeit, in Europa zu leben und zu arbeiten, oder Austauschprojekte – das alles spricht junge Menschen an. 

Schlussendlich werden junge Menschen dann mobilisiert, wenn man ihnen wahrhaftig eine Stimme gibt. Wer glaubt, die eigene Stimme zähle nicht, wird sie auch nicht abgeben. Junge Menschen müssen das Gefühl haben, dass ihre Meinung gefragt ist – und dass sie etwas bewirken können.

Es ist an der Zeit, zusammen für eine faire Zukunft und eine nachhaltige Europapolitik einzustehen. Denn sie bietet uns Frauen so viele Möglichkeiten! Je mehr Frauen, desto lauter sind wir!  

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