Die Schweiz liegt in Europa. Basel liegt in Europa.

Linda - Team s+v
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15 August 2023 Lesezeit: 4 Minuten
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Podium
Am diesjährigen metrobasel Sommeranlass wird unter dem Titel «Sicherung und Stärkung des Life Sciences Standorts Basel: Was muss die Politik dazu beitragen?» diskutiert. Lokale Vertreterinnen und Vertreter aus Bildung, Forschung und Wirtschaft sind sich einig: Es braucht stabile Rahmenbedingungen und eine gute Beziehung zur Europäischen Union (EU), um den Innovationsstandort Schweiz zu sichern. Der Druck auf die Regierung ist spürbar. Der anwesende Bundesrat Parmelin äussert sich nur verhalten zur Kritik.


Das Wichtigste in Kürze

  • Am 14. August fand der alljährliche Sommeranlass des Think Tanks metrobasel statt.
  • Podiumsteilnehmende aus Bildung, Forschung und Wirtschaft drängen auf eine baldige Verhandlungslösung mit der EU.
  • Bundesrat Guy Parmelin versuchte zu beschwichtigen, indem er Erfolge von anderen Freihandelsabkommen betonte und auf Übergangsmassnahmen verwies.
  • Vorwürfe von fehlender Führung und Mutlosigkeit des Bundesrates wurden laut.Der Druck auf die Regierung nimmt zu.

«Wohlstand ist nicht gottgegeben»

Beat Jans, Regierungspräsident Basel-Stadt, begrüsst die Anwesenden mit einigen Worten zum Star des Abends: dem Life Sciences Standort Basel. Die Innovationsfähigkeit und Technologieführerschaft der hier ansässigen Unternehmen haben die Region an die Weltspitze befördert. Die Rolle der weltweiten Spitzenreiterin, so betont Jans, verdankt Basel vor allem einem offenen Arbeitsmarkt und der Anbindung der Schweiz an Europa. Dieser Meinung ist auch Regula Ruetz, Direktorin von metrobasel. «Unser Wohlstand ist nicht gottgeben», warnt sie und mahnt, dass die Rahmenbedingungen für den Standort sich nicht verschlechtern dürfen. Die EU ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz. Eine Anbindung an globale Wertschöpfungsketten ist absolut zentral, betont Ruetz.

Das eine tun, das andere nicht lassen

Bundesrat Guy Parmelin, Vorsteher des Departementes für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF, nennt in seiner Rede drei Punkte, die in seinen Augen das Erfolgsrezept des Life Sciences Standorts Basel ausmachen: die internationale Wettbewerbsfähigkeit, die fortgeschrittene Digitalisierung und der liberale Arbeitsmarkt. Parmelin unterstreicht das Interesse des Bundesrates an geordneten Beziehungen der Schweiz zur EU: «Die Gespräche gehen weiter». Mit genaueren Informationen zum Verlauf der Gespräche konnte der WBF-Vorsteher nicht dienen. Stattdessen ruft Parmelin dazu auf, auch andere Handelspartner zu berücksichtigen und sich nicht nur auf die EU alleine zu fokussieren. Er zählt dabei bisherige Erfolge in den Freihandelsabkommen mit Indien, Brasilien und Vietnam auf, welche sich nach vielen Jahren des Verhandelns der Zielgeraden nähern. Dass diese Abkommen die Beziehung zu unserem grössten Handelspartner nicht ersetzen können, war allen im Raum klar. Auch eine baldige Assoziierung an Horizon Europe würde vom Bundesrat angestrebt, den Ball schiebt Parmelin aber der EU zu. Indem Brüssel die Assoziierung der Schweiz an die institutionellen Verträge kopple, würden sie ein unfaires Spiel spielen, welchem die Schweiz nicht beiwohnen will. «Dieser sachfremde Link ist nicht angebracht», sagt der Wirtschaftsminister.

Weniger Zuwanderung, weniger Wohlstand

«Auf welchem Kontinent liegt die Schweiz?» fragt Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung von economiesuisse, zu Beginn ihres Inputreferats. Natürlich, die Schweiz liegt in Europa. Doch scheint dies in den letzten Jahren immer mehr in Vergessenheit geraten zu sein. Nicht nur den Life Sciences Standort Basel und die Pharmaindustrie leiden unter diesen unsicheren Bedingungen, sondern die ganze Schweiz. Rühl erinnert daran, dass dieser Stillstand selbstverschuldet ist. Es liegt an unserer Landesregierung, die Gespräche mit der EU voranzutreiben und als bald als möglich ein Verhandlungsmandat zu verabschieden. Sie kommt auch auf das beliebte Narrativ der SVP «es kommen zu viele und es kommen die Falschen» zu sprechen und kontert: «Es kommen die Richtigen und überhaupt nicht zu viele.» Bis 2040 werden gemäss konservativen Schätzungen bis zu 430'000 Arbeitskräfte auf dem Schweizer Arbeitsmarkt fehlen. Im Jahr 2021 stammten 69% aller Zugewanderten aus dem EU/EFTA-Raum. Die grosse Mehrheit von ihnen zieht aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit in die Schweiz und füllt damit eine Lücke, die von den inländischen Arbeitskräften nicht geschlossen werden kann. Rühl schliesst ihre Rede mit den Worten ab: «Weniger Zuwanderung bedeutet auch weniger Wohlstand.»

Bundesrat unter Druck

An der anschliessenden Podiumsdiskussion werden die Erwartungen an den Bundesrat nochmals deutlich. Parmelin, in der Mitte des Podiums, wird von rechts und links dazu aufgefordert, sich für die bilateralen Verträge stark zu machen. Fragen zum Stand der Gespräche weicht er gekonnt aus und betont stattdessen die Erfolge bei anderen Freihandelsabkommen. Dr. Anton Lauber, Regierungsrat Basel-Landschaft, wirft Parmelin fehlende Führung vor und fordert ihn auf das Steuer in die Hand zu nehmen. Die Rektorin der Universität Basel fasst das Podium zusammen: «Wir sind so klein. Wenn wir nicht in einen Verbund eingebettet sind, wird es schwierig.»

 

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